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Versammlungsprotokoll, 3. Juni 1934
EA 231b
Additional Information | |
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Author | Eberhard Arnold |
Date | June 03, 1934 |
Document Id | 20126130_15_S |
Versammlungsprotokoll, 3. Juni 1934
[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]
EA 231b
Bruderschaft Rhön, 3. Juni 1934, Abends
Was uns beschäftigt ist das geistliche und wirtschaftliche Verhältnis der beiden Bruderschaften.
Eberhard: In Verlobungsfragen stehe ich auf folgendem Standpunkt:
Es sollte zwischen den jugendlichen Menschen die Möglichkeit bestehen, dass sie einen geistlichen und geistigen Umgang miteinander haben, ohne dass die Zuschauer sofort von Verlobung und verliebt sein reden. Das halte ich für ungemein wichtig. Ich habe auch den Eindruck, dass das augenblicklich hier sehr schön geworden ist. Das sollte auch in der Weise sein, dass, wenn man sieht, dass sich zwei Menschen geistlich austauschen, und den einen das beschäftigt, ob das früher oder später etwas werden könnte, man auch nicht dängen soll. Wir müssen in dieser Beziehung zart und keusch sein, was soviel bedeutet wie rein und klar und leuchtend; denn das ist die Bedeutung dieser Worte. Es muss wirklich das Verborgene nicht beschattet und mit Schatten beworfen werden, sondern es muss völlig licht und klar gemacht werden. Und ich meine, das ist wirklich licht und klar, wenn junge Menschen sich miteinander in geistlichen Gesprächen nahe kommen ohne eine Liebesbeteuerung. Das ist recht und klar und gut. Und ob dann daraus nach Gottes heiligem Willen eine Verlobung zustande kommen wird, darüber möchte ich mich gar nicht entscheidend äußern. Das möchte ich
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der geistlichen Führung überlassen.
Ich habe das hier im Vertrauen gesagt, weil ich dachte, es kann nicht rübergetragen werden.
Geschäftlich ist es so schwer, dass fast 40 Menschen bis auf einen geringen Bruchteil fast ausschließlich von Geschenken leben. Traurig ist es, dass es uns noch nicht gegeben ist … dass wir eine Patenschaft und einen Schulbetrieb im erneuerten Sinne noch nicht zustande gebracht haben. Wir können sonst den Almbruderhof nicht halten. Wir haben den Pachtvertrag für ein Jahr. Dann muss man einen Platz suchen, der mit landwirtschaftlicher und handwerklicher Grundlage die Existenz ermöglicht. Und wenn es wenigstens in dem Prozentsatz wie hier der Fall wäre.
Von Adolf und anderen müssten Paten geworben werden für die Kinder, die jetzt da sind und die nicht von den Eltern, die hier sind, getragen werden. – Es ist etwas geschehen, indem Luise Herold unserer Marie versprochen hat, dass sie alles daran setzen will, einen ziemlich guten Betrag … Rudi bekommt für einige Monate 67 Mark, dann bleiben 37 Mark.
Es sollte mit R. gesprochen werden, dass er uns sein Adressenmaterial zur Verfügung stellen könnte …. ohne Angabe seines Absenders. Das habe ich auch angeregt mit verschiedenen anderen Zeitschriften. – Wie-
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viel Exemplare sind von der Schweiz aus, von Saarbrücken zu vertreiben, und wieviel ist von Deutschland aus zu vertreiben? (von christlichen Stellen.)
Wie können wir hier so vorwärts kommen, dass wir unsere Werkstatt wieder aufbauen, und dass wir zwei Leute jeden Monat 14 Tage auf Verkauf schicken?
Wir müssen auch die übrige Verlagspropaganda bedenken.
Die wunderbaren Stunden mit den Eisenachern haben uns Mut gegeben.
Sollen Willi und Lotte Klüver, Alice Roes und August Dyroff in die beschlussfassende Bruderschaft aufgenommen werden?
Wenn schon die Ostererlebnisse euch dazu vieles ins Herz gegeben haben, wird auch einiges durch die Pfingsterlebnisse und die Eisenacher hinzugekommen sein.
Willi: Ich habe gefühlt, als wir in den erweiterten Kreis der Bruderschaft aufgenommen wurden, dass es recht ist, dass wir noch Zeit gebrauchten, um noch tiefer hineinzuwachsen, um an dem einstimmigen Beschluss der Gemeinde recht innerlich Anteil nehmen zu können. Mir ist auch besonders in der letzten Zeit klar geworden, um was es geht, dass der Geist Gottes so etwas Großes und Wunderbares hier gewirkt hat, dass ich es mitunter kaum begreifen und fassen kann, und dass wir nun Anteil an diesem Geschehen haben, an dieser Tatsache des Gemeindelebens.
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Lotte: Mir fällt es noch etwas schwer, weil ich auch die Schwere der Verantwortung spüre, die darin liegt.
August: Mir ist auch klar, dass es eine große Verantwortung ist. Aber ich möchte mich der Verantwortung nicht entziehen und möchte mich in meiner Kraft, so klein sie ist, ganz in den Kreis der Gemeinde stellen.
Alice Roes: Ja, ich möchte es sehr gern wagen. Es ist mir besonders in der letzten Zeit aufgegangen, was die wahre Bruderschaft ist. Das ist mir früher doch noch nicht so klar gewesen. Das erfüllt mich mit einer so großen Freude. Ich empfinde natürlich sehr stark die Verantwortung, die man trägt in der beschlussfassenden Bruderschaft. Aber ich will es doch wagen.
Hans Z.: Ich habe bei Friedel und Ulrike den Eindruck, dass sie noch nicht ganz für die Bruderschaft in Frage kommen. Dass Friedel zu leicht etwas nachspricht, ohne ganz davon erfasst und überwältigt zu sein, und dass seine Stellung gegenüber dem Elternhaus und (Angst) trotz vieler Anstrengungen noch etwas unklar ist.
Hans M.: Er ist in der Tat williger geworden.
Wir werden ihm irgend einen Platz in unserem Gemeinschaftsleben geben, entweder in der Bedenkzeit zum Noviziat oder im Noviziat oder in der erweiterten Hausgemeinschaft.
Georg übernimmt von Hans Z. den Auftrag, die …?...Lesungen fortzusetzen. Erna soll auch teilnehmen.
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Eberhard: ….. Bei einer Ausführung über das Wesen der Jugendlichkeit, - einer grundsätzlichen Ausführung, von uns abgesehen, - hakte Heinz Bolck sofort ein und hatte das Gefühl, weil ich eine gewisse Unreife der Stufe zwischen Kindheit und erwachsener Mannbarkeit und Mütterlichkeit feststellte, … dass er sich wehrte. Da hat er in einer sehr leidenschaftlichen Weise gesagt, er könnte sich die Teilnahme an der Jugend nicht nehmen lassen. Ich hatte Heinz gar nicht direkt angesprochen. Das war nicht im Sinne, der uns in der beschlussfassenden Bruderschaft leiten sollte. Das war aus einem Lebensanspruch heraus geredet. Ich würde Heinz B. bitten, dass du dir die Grenzen deiner Begabung und Urteilsfähigkeit überlegst. Ich weiß nicht, ob du dir darüber einmal Rechenschaft gegeben hast, was eigentlich die Grenzen deiner Begabung sind. Das gehört zu der absoluten Wahrheit und Wahrhaftigkeit, dass wir die Grenzen ziehen lernen für das, was uns gegeben ist und das, was uns nicht gegeben ist. Das mag manchmal bitter sein, aber wenn wir im Lichte des Evangeliums stehen, ist es nicht so bitter, wie es manchmal scheint, wenn wir im Eigennutz stehen. .. Wenn du das Licht Christi … fügst du dich in die Schranken deiner Mängel. Das hat auch Peter (Petrus?) erfahren. Im Evangelium vergeht die Bitterkeit. Das gilt auch von mir. Das gilt von jedem von uns. Es sollte wirklich eine solche Nüchternheit unter uns sein, dass jeder den Grad seiner Beschränktheit erkennen sollte …. Dass du nicht mit deinem
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Schicksal haderst. Dass du fühlst, dass du dennoch uns ein Wahrer und rechter Bruder bist, dass du aber nicht alles dir herausnehmen kannst, was dir von Gott nicht gegeben ist.
Hansemann: … Wenn in dem Brot noch ein Korn wäre, dass man das herausstechen müsste.
Hans M.: Hansemann hat erklärt, dass er aus einer Blindheit heraus sich selbst zu hoch eingeschätzt hat und dass er das ablegen wolle. Ich habe in den letzten Tagen in der Tat gemerkt, dass er den Willen hat, das zu tun.
Mit Heinz B. habe ich gesprochen. Bei ihm spielen persönliche Dinge eine große Rolle. Er verwechselt oft seine Person mit der Sache. Es ist schade, dass er nur dann mit Briefen kommt … Von diesem Brief, den er Mollenhauers mitgegeben hat, wusste ich nichts.
(EA 233)
Eberhard: Ich würde der Meinung sein, dass bei unseren geliebten Brüdern, Manfried Kaiser, Fritz Leo Dreher, Heinz Bolck, Hans Grimm klar sein sollte, dass die bisherige Entwicklung der Ereignisse gezeigt hat, dass sie sich noch zurückhalten sollten von der aktiven Teilnahme am Rundreden. … dass sie sich darüber nicht verbittern lassen sollten, sondern sehen sollten, dass die wirkliche Gemeinschaft der Gemeinde und die wirkliche Ebenbürtigkeit vor Gott damit gar nicht eingebüßt wird. Sondern es wird lediglich eine Grenze der Begabung angegeben, die für die ungeheure Verantwortlichkeit des Rundredens beachtet werden muss. … und würde gern eine völlige
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Einstimmigkeit mit allen Beteiligten darin haben. Das wäre mein innerster Wunsch, dass das wirklich ganz aus dem Herzen heraus, aus der inneren Einsicht und Demut der Seele heraus eingesehen würde, dass verschiedene Vorfälle, die noch nicht weit genug zurück liegen, die natürlich vergeben und begnadigt sind, aber gezeigt haben, dass in gewissen Dingen die Urteilsfähigkeit noch zu sehr getrübt war, und auch die Bereitschaft, urteilsfähig zu sein in Fragen schwerster Verantwortung.(Ende EA233)
Hansemann: Ich sehe das nicht so an, dass wir zurückgesetzt sind. Ich habe geschrieben, dass ich auch so persönlich gerade in den Geschehnissen und Ereignissen, die wir durchlebt haben, dass ich da am frohesten wäre, überhaupt dabei sein zu dürfen, geschweige denn überhaupt auch als Werkzeug von Gott benutzt zu werden. Gerade auch über die Aussendung, da müsste einem etwas Besonderes verliehen werden. Ich sehe nicht, dass da etwas genommen wird.
Heinz: Ich bin von mir ganz damit einverstanden. Mit der Aussendung, das war so eigenartig über mich durch die letzten Lesungen gekommen …
Eberhard: Du hast das schon längst von diesen Lesungen gesagt in Beziehung auf die Ehemöglichkeit. Eins von beiden. Entweder die Ehe, oder dann muss mir die Aussendung geschenkt werden. Das ist ein Gedanke, den hast du schon vor den Lesungen gehabt. Du hast gesagt, jetzt
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habe ich mich entschlossen für die Ehelosigkeit, nun will ich die Aussendung haben ….. Du irrst dich darin, das ist ein Drang, ein natürlicher Lebensdrang, der aus dem Gebiet der ersten Schöpfung stammt. Das verwechselst du mit dem Trieb des heiligen Geistes. … Es geht um den Geltungs- den Fortsetzungstrieb des eigenen Ich, Ausbreitungstrieb. Das ist uns allen nicht unbekannt. Nur haben wir uns entschlossen, das nicht zu verwechseln mit der Gnade des heiligen Geistes. … Ich habe den Eindruck, Heinz Bolck, du musst einen vollständig neuen Anfang machen, einen Glaubensanfang, Kindheitsanfang, dass du wieder ganz zum Kinde wirst durch die Gnade Christi.
Eberhard: Wir wollen morgen vor deiner endgültigen Abfahrt 20 Minuten zusammen sein. Was wir auf dem Herzen tragen, war die Klärung der Bruderschafts-Zusammenfassung, denn auch diese Frage der beschlussfassenden Bruderschaft ist dasselbe. Es ist das Anliegen der Bruderschafts-Zusammenfassung zur Handlungsfähigkeit. Deshalb möchte ich nochmals betonen: Ich bin völlig einig mit allen Gliedern der Gemeinde auf dem Almbruderhof, einig im Glauben, in der Liebe, in der Erwartung des Reiches Jesu Christi. Ich habe keine Trübung. Dagegen habe ich Sorgen in Beziehung auf die gemeinsame Aktionsfähigkeit auf dem geistlichen Gebiet, in dem solche Bemerkungen wie die eben gemachten Spannungen hervorrufen und Unruhe verbreiten.
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Sorge auf wirtschaftlichem Gebiet, indem solche Briefe wie die von Fritz Kleiner geeignet sind, eine wirtschaftliche Klarstellung herbeizuführen. Deshalb entsenden wir unseren Hans Zumpe Vetter, damit er in dem Geist der Einheit, in dem Band des Friedens, sowohl in den Dingen des Geistes zur Stärkung des Dienstes Hannes Bollers, sowie auch in den wirtschaftlichen und finanziellen Dingen zur vollständigen Durchführung der Wirtschaftseinheit unter einem Wortführer und einen Geschäftsführer (Haushalter) (hilft). Das ist der Auftrag, das herbeizuführen, daraufhin zu führen. Und das geschieht durch die verbindende Liebe, durch den Dienst der Freude, durch das sich Hineinfühlen in die Almbruderhof-Situation, besonders der jungen Menschen, durch die Klarheit des klarstellenden und doch alles verbindenden Geistes, der Mut macht, dass der Neuanfang, der dort geschehen ist, auch bis zum letzten Ziel durchgeführt werden muss. Das ist der Grund, dass ich meine, in einer schriftlichen Auseinandersetzung würden die Gegensätzlichkeiten zu sehr hervortreten und brüderliche Worte nur als Briefschmuck erscheinen können. Wenn aber in einer persönlichen Entsendung es durch den Geist der Liebe ganz klar ist, dass die Einmütigkeit der Liebe als vorhanden anerkannt wird, dass Leben der Freude und Liebe vorausgesetzt wird, kann alles besprochen werden, wie wir es immer gewohnt waren und wie es immer bleiben soll.